Erlebnisbericht World Masters Athletics Indoor Championships 26.3.-1.4.2023 in Toruń, Polen
Von Dr. Anna-Rebekka Kühl
„Es muss nicht immer alles Sinn machen - Oft reicht es schon, wenn es Spaß macht“.
Die Teilnahme an einer Weltmeisterschaft ist schon etwas ganz Besonderes, soviel steht fest. Dass die zurückliegende Weltmeisterschaft der Seniorinnen und Senioren in unserem Nachbarland Polen „quasi gleich um die Ecke“ stattfand, war vermutlich der ausschlaggebende Punkt zu überlegen, inmitten von internationaler Konkurrenz einen Wettkampf auf höchstem Niveau zu bestreiten. Nachdem ich seit dem Frühjahr 2022 angefangen habe in meiner Lieblingslaufdisziplin, -800m-Lauf-, den einen oder anderen Wettkampf zu absolvieren, und mich Mal um Mal ein wenig steigern konnte, gelang im Herbst 2022 bei den Norddeutschen Meisterschaften die Unterbietung der Norm für die Deutschen Senioren Meisterschaften, die in der Altersklasse W45 bei 2:45,00 min liegt. Mit dieser Qualifikation war die Berufung in das Masters Team Mecklenburg-Vorpommern verknüpft, und erste Gedanken wurden laut, eventuell auch an internationalen Meisterschaften teilzunehmen. Ende Januar 2023 war der Meldeschluss für die besagte Weltmeisterschaft in unserem Nachbarland. Neben etlichen Zweifeln und Blicken in die Teilnehmerliste mit den Meldezeiten meiner Altersklassenkonkurrentinnen, fast alle um die 20-25 s schneller auf der 800m Distanz, fiel dann die Entscheidung: Ich mache das, denn oft trauen wir uns Dinge nicht zu tun, weil wir denken, dass wir sie bereuen, doch am Ende bereuen wir es meistens viel mehr, dass wir uns nicht getraut haben. Wohlwissend, dass sich in meinen Alltag neben Familie und Berufsleben nicht unbedingt viel mehr Trainingseinheiten einbauen lassen, wurde ich doch im regulären Training, welches unsere Laufgruppe vom SC Laage 2x in der Woche absolviert, bestmöglich in der Vorbereitung auf die WM unterstützt. Da gerade in den Wintermonaten die Möglichkeiten für uns Läufer schwierig sind, auch mal auf Tartanuntergrund zu trainieren, und nur die wenigsten Vereine hier im Land eine Laufhalle zur Verfügung haben, war es umso wertvoller die eine oder andere Einheit in der Laufhalle des 1. LAV Rostock durchführen zu können. Ende März war es dann so weit, gemeinsam mit meinem Mann machte ich mich auf den Weg nach Polen. In guten 6 Stunden Fahrt war Toruń erreicht, und die Stadt bot einen herrlichen Blick auf die Türme der Altstadt, wenn man über die Weichselbrücke darauf zu fährt. Nach einer ersten Orientierung und dem Bezug des Hotels, ging es direkt zur Arena Toruń, dem großen und modernen Indoor-Stadion, welches ca. 2 km nordwestlich des Altstadtkerns liegt, um dort die Wettkampfregistrierung durchzuführen und die nötigen Startunterlagen abzuholen. Die Organisation war professionell und alle sehr freundlich und hilfsbereit. Erste Aufregung machte sich bemerkbar beim Betreten der Wettkampfhalle. Spannende Titelkämpfe boten großartige Leistungen der Seniorinnen und Senioren in den verschiedenen Altersklassen und gaben mir die Möglichkeit schon mal „Wettkampfluft zu schnuppern“, in Vorbereitung für meinen Start im 800-Halbfinale am folgenden Tag. Wir verbrachten den Nachmittag im Stadion, beeindruckt von den Leistungen der Athleten und gingen abends zu Fuß Richtung Altstadt. Toruń ist wirklich eine Reise wert, der historische Altstadtkern zeigte sich in der Abendbeleuchtung von seiner schönsten Seite, zahlreiche verschiedene Restaurants boten landestypische und internationale Speisen zu verhältnismäßig moderaten Preisen, und überall in den Restaurants und auf den Plätzen traf und sah man die aus der ganzen Welt angereisten Athleten wieder, ebenso in unserem Hotel. Ein beeindruckender erster Anreisetag ging zu Ende. Für den nächsten Tag war geplant, nach dem Frühstück im Hotel zu Fuß zur 1,5 km entfernten Arena Toruń zu gehen. Die Sonne schien, aber die Luft war eisig kalt. Vor dem Hotel trafen wir einen in der Altersklasse M80 startenden Athleten aus den USA, der uns nach dem Weg zur Arena fragte, und wir boten ihm an, sich unserem Fußweg anzuschließen. Die englischen Gespräche taten gut und lenkten ab von der Nervosität, die sich dann doch wieder bemerkbar machte. In der Arena angekommen, und nach einer kurzen Zeit, um sich zu akklimatisieren und etwas zuzuschauen, war es für mich Zeit, mich auf den 800 m-Lauf vorzubereiten. In der Aufwärmhalle tummelten sich die Athleten und es galt, den Fokus bei sich zu behalten. 10 Minuten vor Wettkampfbeginn hatte sich jede Altersklasse im sogenannten Call-Room einzufinden. Dort wurde die Länge der Spikes kontrolliert und auch, ob die Startnummern korrekt an Vorder- und Rückseite des Trikots angebracht wurden. Nach einer kurzen Wartezeit wurde unsere Gruppe durch den Einlass ins Innenfeld geführt und die Bahnen für die Athleten erneut angesagt. Bahn 6 sollte meine sein. Für das Rennen selbst waren meine Erwartungen und Hoffnungen, dass es für eine neue persönliche Bestzeit reicht und ich nicht in der letzten Runde „einbreche“. Als der Startschuss fiel, war die Nervosität schlagartig weg und es zählte nur das Laufen. Durch die Meldezeiten der Konkurrentinnen beeindruckt, war mein Fokus, das Rennen in meinem Tempo zu laufen, so gut ich kann, genauso wie es ein treffendes englisches Sprichwort besagt:
„Running is not about being better than someone else. It´s about being better than you are used to be.“
Am Ende ist es eine neue persönliche Bestzeit geworden. Mit den erreichten 2:40,88 min bin ich überaus zufrieden, und Rang 12 in der W45 über die 800 m Distanz steht am Ende auf dem Papier. Ohne Zweifel, dass die Siegerin und amtierende Weltmeisterin in meiner Altersklasse, Annette Quaid aus Irland, mit ihren im Finale gelaufenen 2:17,55 min eine ganz andere Liga spielt. Für mich selbst kann ich sagen, ich bin noch nicht ganz da, wo ich hinmöchte, aber ich bin näher dran als gestern. 😊 In diesem Sinne freue ich mich auf alle läuferischen Herausforderungen, die mich noch erwarten, und dass ich hoffentlich viele weitere Wettkämpfe auf diesem hohen Niveau und in solch einer Kulisse bestreiten darf. Ich bin dankbar und sehr erfüllt durch die gewonnenen Eindrücke, die beeindruckenden sportlichen Leistungen der Athleten, den Veranstaltungsort, die Gastfreundlichkeit des Gastgeberlandes und die persönlichen Geschichten einiger Athleten, mit denen man ins Gespräch gekommen ist. Eine bleibende Erinnerung, die man nicht mehr vergisst!
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